22. August 2018
Der BGH hat die Rechte von Mietern bei Schönheitsreparaturen gestärkt. Er entschied, dass Mieter nicht verpflichtet sind, eine unrenovierte übernommene Wohnung beim Auszug zu streichen.
Worüber wurde am BGH verhandelt?
Der Beklagte war von Januar 2009 bis Ende Februar 2014 Mieter einer Wohnung der Klägerin (Vermieterin), die ihm bei Mietbeginn in nicht renoviertem Zustand und mit Gebrauchsspuren der Vormieterin übergeben worden war. Der von der Vermieterin verwendete Formularmietvertrag sah vor, dass die Schönheitsreparaturen dem Mieter oblagen.
Am Ende der Mietzeit führte der Mieter Schönheitsreparaturen durch, die die Vermieterin als mangelhaft ansah und deshalb durch einen Malerbetrieb zu Kosten von 799,89 € nacharbeiten ließ. Wegen dieses Betrages verlangte die Vermieterin – unter Verrechnung anderer zwischen den Parteien geltend gemachten Forderungen – Schadensersatz wegen nicht beziehungsweise mangelhaft durchgeführter Schönheitsreparaturen.
Der Mieter hatte sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtsgerichtshofs (vgl. etwa Urteil vom 18. März 2015 – VIII ZR 185/14) berufen, wonach eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne angemessenen Ausgleich auferlegt, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam ist.
Die Vermieterin war demgegenüber der Auffassung, diese Rechtsprechung könne hier mit Rücksicht auf eine zwischen dem Mieter und der Vormieterin im Jahr 2008 getroffene „Renovierungsvereinbarung“ keine Anwendung finden. In dieser Vereinbarung hatte der Mieter von der Vormieterin einige Gegenstände übernommen, sich zur Zahlung eines nicht näher festgestellten Geldbetrages verpflichtet und sich zur Übernahme der Renovierungsarbeiten bereit erklärt.
Vorinstanzen urteilten zugunsten der Vermieterin
Die Klage der Vermieterin hatte in den Vorinstanzen Erfolg gehabt (AG Celle, Urteil vom 25. Mai 2016, Az. 14 C 1146/14; LG Lüneburg, Urteil vom 16. November 2016, Az. 6 S 58/16).
Dabei hatte das Landgericht (LG) Lüneburg seine Entscheidung auf die Erwägung gestützt, angesichts der Vereinbarung zwischen dem Mieter und der Vormieterin sei es interessengerecht, den Mieter so zu behandeln, als habe ihm die Vermieterin die Mietsache im renovierten Zustand übergeben. Mit der vom LG Lüneburg zugelassenen Revision verfolgte der Mieter (unter anderem) sein Klageabweisungsbegehren weiter.
BGH zu Schönheitsreparaturen – Mieter müssen unrenovierte Wohnung bei Auszug nicht streichen
Der Bundesgerichtshofs (BGH) hat nun das Berufungsurteil des LG Lüneburg aufgehoben und entschieden, dass eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne angemessenen Ausgleich auferlegt auch dann unwirksam ist, wenn der Mieter sich durch zweiseitige Vereinbarung gegenüber dem Vormieter verpflichtet hat, Renovierungsarbeiten in der Wohnung vorzunehmen (Urteil vom 22. August 2018 – VIII ZR 277/16).
Nach der Rechtsprechung des Senats hielte die formularvertragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen im Falle einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewähre der ihn so stelle, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen. Denn eine solche Vornahmeklausel verpflichte den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führe dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsse, als er sie selbst vom Vermieter erhalten habe.
Diese Grundsätze blieben auch dann anwendbar, wenn der betreffende Mieter sich wie hier durch zweiseitige Vereinbarung gegenüber seinem Vormieter zur Vornahme von Renovierungsarbeiten in der Mietwohnung verpflichtet habe. Denn eine derartige Vereinbarung sei in ihren Wirkungen von vornherein auf die sie treffenden Parteien, also den Mieter und den Vormieter, beschränkt. Sie vermöge deshalb keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der im Mietvertrag zwischen Vermieter und neuem Mieter enthaltenen Verpflichtungen zu nehmen. Insbesondere nicht dergestalt, so die BGH-Richter, dass der Vermieter so gestellt würde, als hätte er dem neuen Mieter eine renovierte Wohnung übergeben.
Quellen: tsp/Pressemitteilung BGH und REA Wilde Beuger Solmecke