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Sind Namen auf Klingelschildern mit neuer Datenschutzverordnung noch vereinbar?

Datenschutz – Keine Namen mehr auf Klingelschildern?

  1. Oktober 2018

Weil sich in Österreich ein Mieter bei seiner Hausverwaltung beschwerte, müssen an den Klingelschildern aller städtischen Wohnungen in Wien die Namensschilder entfernt werden. Wäre so etwas auch in Deutschland möglich?

Ein Mieter in Wien war der Auffassung, dass es mit dem Datenschutz nicht vereinbar sei, wenn sein Name für jeden sichtbar am Klingelknopf an der Haustür stehe. Unter Berufung auf die DSGVO beschwerte sich der Mann bei seiner Hausverwaltung. Diese Beschwerde bewirkte nun, dass demnächst 200.000 Namen an Klingelschildern in Wien verschwinden werden.

Zum Hintergrund des Klingelschild-Falls:

Der Mann wohnt in einer Gemeindewohnung von „Wiener Wohnen“, die von der Stadt Wien verwaltet und betrieben wird. „Wiener Wohnen“ ist als Dienststelle des Magistrats der Stadt Wien die größte kommunale Hausverwaltung in Europa mit Sitz in Wien. Der Wohnungsbetreiber hatte beim Einzug neben der Wohnungsnummer auch den Nachnahmen des Mieters auf das Klingelschild schreiben lassen. Ohne jedoch dafür die Zustimmung des Mieters einzuholen.

Darin erkannte der Bewohner mangelnden Schutz seiner Daten und beschwerte sich, da seine Privatsphäre nicht geschützt sei, wenn sein Name für Jedermann öffentlich erkennbar sei.

Die Hausverwaltung ging dieser Beschwerde nach und holte sich von der für Datenschutzangelegenheiten der Stadt Wien zuständigen Magistratsabteilung eine Einschätzung ein. Dort teilte man die Bedenken des Bewohners, dass die Verbindung von Wohnungsnummer und Nachnahmen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstieße.

Die kommunale Hausverwaltung kündigte daraufhin an, bei 220.000 Mietern in rund 2.000 Wohnanlagen nur noch anonymisierte Wohnungsnummer anzubringen. Wer zusätzlich seinen Namen am Klingelschild anbringen will, könne dies eigenständig mit einem Aufkleber tun.

Doch wie ist die Rechtslage in Deutschland?

Die seit Mai 2018 geltende DSGVO ist europäisches Recht und gilt bekanntermaßen in Deutschland genauso wie in Österreich. Dementsprechend sind die rechtlichen Rahmenbedingungen identisch. In Deutschland kann man bisher lediglich sagen: „Wo kein Kläger, da kein Richter.“

Rechtlich stellt sich die Situation, in der ein Vermieter ungefragt den Namen seines Mieters auf das Klingelschild schreiben lässt, wie folgt dar- und das im Übrigen nicht erst seit Geltung der DSGVO:

Man braucht, wenn man mit personenbezogenen Daten umgeht, entweder eine Rechtsgrundlage oder eine Einwilligung der Betroffenen. Hier geht es um das personenbezogene Datum des Namens, welcher auf dem jeweiligen Klingelschild vom Vermieter angebracht wird. Der Name auf dem Klingelschild enthält die Information, dass hier eine bestimmte Person wohnt. Darin ist eine Datenübermittlung an eine unbekannte Anzahl von Personen zu sehen. Und hierfür bräuchte der Vermieter als Verantwortlicher der Datenübermittlung eine Rechtsgrundlage oder eine Einwilligung des Mieters. Fehlt beides, so ist die Veröffentlichung des namens auf dem Namensschild rechtlich unzulässig.

Auch wenn seit wirksam werden der DSGVO im Mai 2018 der Datenschutz massiv in den Fokus der öffentlichen Diskussion geraten ist, gab es natürlich auch bereits vor der DSGVO klare datenschutzrechtliche Regelungen. Das Beschriften von Klingelschildern ohne das Einverständnis des jeweiligen Mieters, war insofern auch bereits vor der DSGVO, nämlich nach dem Bundesdatenschutzgesetz unzulässig.

Klarname auf Klingelschild greift in Grundrechte ein

Es ist nicht zu bestreiten, dass es in Deutschland, im Gegensatz zu Ländern wie Spanien oder den USA, üblich ist, den Nachnamen des Wohnungsbewohners und nicht bloß die Wohnungsnummer auf dem Klingelschild anzubringen.

Eine rechtliche Pflicht jedoch, den Klarnamen an der Klingel anzubringen, gibt es in Deutschland nicht. Insofern könnte man höchstens von Gewohnheitsrecht sprechen. Hinter dem Datenschutz verbirgt sich jedoch immer das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Als Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird das Recht des Einzelnen verstanden, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist im Grundgesetz nicht explizit geregelt. Das Bundesverfassungsgericht hat es in seinem Volkszählungs-Urteil aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) entwickelt und versteht es als eine besondere Ausprägung des allgemeinen Perönlichkeitsrechts.

Das Beschriften der Klingel durch den Vermieter greift also in eine Rechtsposition des Mieters ein, die sogar grundrechtlich geschützt ist. Dagegen kommt kein Gewohnheitsrecht an.

Auch in der stillen Duldung durch die Mieter, nämlich dass der Name am Klingelschild steht, kann keine wirksame Einwilligung im Sinne des Datenschutzrechts erblickt werden. Möglich sind zwar auch konkludente, also stillschweigend erteilte Einwilligungen. Allerdings muss die Einwilligung vor der Datenverarbeitung und somit vor dem Beschriften und Anbringen des Klingelschildes eingeholt werden. Eine nachträgliche Zustimmung ist nicht möglich und würde die Datenverarbeitung durch den Vermieter nicht rechtfertigen.

Und wie sieht es mit dem Namen auf Briefkasten aus?

Möglicherweise wäre die deutsche Klingelschild-Praxis datenschutzrechtlich doch noch zu retten, indem man die Interessen der Post bzw. Paketzulieferer in die Überlegungen mit einbezieht. Die DSGVO erklärt in Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 lit. f), dass auch solche Datenverarbeitungen zulässig sind, die zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich sind, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte der betroffenen Person überwiegen. Es stellt sich daher die identische rechtliche Problematik der Klingelschilder auch bei der Beschriftung von Briefkästen. Letztlich muss weder auf Klingelschildern, noch auf Briefkästen der Name des Bewohners stehen.

Zumal es für Privathäuser nicht mal eine Pflicht gibt, überhaupt einen Briefkasten aufzuhängen. Dies gilt auch für Mietshäuser. Allerdings haben Mieter einen Anspruch darauf, dass ein Briefkasten angebracht wird, sonst kann die Miete gemindert werden.

Dennoch: Ein beschrifteter Briefkasten sollte aber im eigenen Interesse liegen. Verzichtet man freiwillig auf einen Briefkasten, läuft man Gefahr, dass die Zustellung rechtlich fingiert wird. Bei behördlichen Schreiben müsste man die amtlichen Bekanntmachungen beim örtlichen Amtsgericht prüfen, ob eine Zustellung versucht wurde. Ein Aushang bleibt beim Amtsgericht in der Regel lediglich vier Wochen hängen. Wer keinen (beschrifteten) Briefkasten hat, dem droht womöglich der Gerichtsvollzieher. Denn neben der bekannten Aufgabe, Geld einzutreiben, stellen Gerichtsvollzieher auch amtliche Schreiben zu. Übrigens: Auch Private können einen Brief durch einen Gerichtsvollzieher zustellen lassen.

Quelle: jpa

WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte

Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke

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